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Die smarte Revolution

Viele Menschen fürchten die Automatisierung aus Angst, ihre Arbeitsplätze an Maschinen zu verlieren. Gleichzeitig kämpfen Unternehmen händeringend um Mitarbeiter. Wie passt das zusammen? Wie sehr verändert der technische Fortschritt die Welt? Und was wird aus dem Wirtschaftsfaktor Mensch?

Lesedauer: 20 Minuten
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er Mann, der den Maschinen den Kampf ansagte, war selber noch ein Lehrling. Mit einem Hammer bewaffnet soll Ned Ludd im englischen Nottinghamshire in die Textilfabrik gelaufen sein, in der er seine Lehre absolvierte, und Webstühle und Maschinen demoliert haben. Tausende Kollegen sollen ihm gefolgt sein, vereint in der Angst, dass die Maschinen ihnen die Arbeit wegnehmen. Es war der Beginn des Luddismus. Einem Aufbegehren der Menschen gegen den maschinellen Fortschritt der Industrialisierung.

Ludds Maschinensturm liegt mehr als 200 Jahre zurück. Der vermeintliche Kampf Mensch gegen Maschine aber dauert an – und wird sogar befeuert. Vom technischen Wandel der Digitalisierung, vom maschinellen Fortschritt der Automatisierung, aber auch von ganz neuen Technologien wie der Künstlichen Intelligenz (KI). Das führt dazu, dass fast drei Viertel aller Deutschen fürchten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, wie die Agentur „Edelmann“ in ihrem „Trust Barometer“ ermittelte.

KI könnte jeden zweiten Arbeitsplatz obsolet machen

Zu Recht? „Was wir erleben, ist nicht weniger als die größte wirtschaftliche Revolution seit der Industrialisierung“, sagt Nils Müller. Der Hamburger gilt als einer der renommiertesten Trendforscher Europas. Von Berufs wegen beschäftigt er sich quasi unentwegt mit der Zukunft – und sieht dort einen gewaltigen Unterschied zu dem, was die Menschheit bisher kannte. „Bislang haben sich Veränderungen immer auf die physische Arbeit bezogen. Jetzt geht es um Künstliche Intelligenz“, sagt er und glaubt: „KI wird künftig jeden zweiten Arbeitsplatz obsolet machen.“

Die Welt, insbesondere die Wirtschaftswelt, verändert sich. Das wirft Fragen auf. Was etwa wird aus dem Menschen, wenn ihn Maschinen tatsächlich ersetzen? Wie arbeitet – und wie lebt er in Zukunft? Und welche Rolle spielt der Wirtschaftsfaktor Mensch überhaupt noch in der Arbeitswelt der Zukunft?

„Was wir erleben, ist nicht weniger als die größte wirtschaftliche Revolution seit der Industrialisierung.“ Nils Müller
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Camille Zimmermann muss lachen, als er die Fragen hört. Sie wurden ihm schon oft gestellt und er sagt dann jedesmal: „Eigentlich wissen die Experten nur, dass sie nicht genau wissen, was passieren wird.“ Zimmermann ist ein solcher Experte. Er leitet das Züricher Büro der Hamburger Zukunftsagentur Trendone. Vor zwei Jahren hat er seine  Masterarbeit abgegeben. Thema: „Künstliche Intelligenz – und wie sie das Leben verändern wird.“ Seine Antwort: „Es wird eine Verschiebung der Jobs geben – zum einen in den Niedriglohn- zum anderen in den High-Tech-Bereich.“

Warum die Angst vor dem Jobverlust unbegründet ist

Mit dieser These ist der Zukunftsforscher nicht allein. Auch Silvia Her-nandez sieht eine solche Entwicklung. Sie ist Partnerin bei den Wirtschaftsprüfern von Ernst & Young (EY) und hat sich in einer Studie mit der Zukunft der Arbeit beschäftigt. „Künftige Generationen werden Berufe ausüben, die es heute noch gar nicht gibt“, glaubt sie. So würde die Automatisierung durchaus Arbeitsplätze kosten. In Deutschland rechnet das Bundesarbeitsministerium mit 1,3 Millionen Stellen, die bis 2025 wegfallen. Nur der Automobil-sektor dürfe sich durch automatisierte Prozesse etwa halbieren, sagt Hernandez: „Gleichzeitig werden bis 2030 im Finanzsektor, in IT-Unternehmen, im Gesundheits- und Sozialwesen und im Immobilienbereich aber auch 3,8 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen.“ Die Angst, dass der Mensch überflüssig wird, sei daher unbegründet.

Wird der Mensch wirklich überflüssig?


  • Durch Automatisierung werden in Deutschland bis 2025 etwa 1,3 Millionen Stellen wegfallen.

  • Aber allein in der Dienstleistung entstehen fast dreimal so viele neue Jobs.

  • Der Mensch wird also auch in Zukunft noch gebraucht – nur woanders.

Das findet auch Bodo Janssen. Er sagt: „Der Mensch spielt in allen Bereichen eine Rolle, in die Technik nicht hineinwachsen kann, in der Gestaltung und Bewahrung von Beziehungen.“ Mit anderen Worten: In der digitalisierten Welt ist der Mensch mehr als Mensch gefragt, weniger als Wirtschaftsfaktor. Die Erkenntnis ist Janssen schon vor Jahren gekommen. Der 46-Jährige ist Chef der Freizeitkette Upstalsboom –  und Zeuge einer bewegten Lebens- geschichte. Als Student überlebte er eine Entführung, verlor mit Anfang 30 durch ein Unglück seinen Vater und folgte ihm an der Firmenspitze nach. In einer Umfrage fand er heraus, dass die Mitarbeiter seinen Führungsstil miserabel fanden – Janssen flüchtete ins Kloster.

Heute, zehn Jahre später, kann er den Unmut seiner Belegschaft verstehen. „Der Mensch war für mich Mittel zum Zweck, eine Position, um der Firma zu dienen“, sagt Janssen. „Heute sehe ich mich als Mittel zum Zweck Mensch.“ Führung wird mehr menschbezogen sein, sagt der Unternehmer, „nicht zum Selbstzweck, sondern auf andere ausgerichtet.“ Viele lägen Wert darauf, dass das, was sie tun, einen Sinn ergibt. Es sei also viel wichtiger, Mitarbeiter sinnstiftend statt einfach nur möglichst effizient einzusetzen.

Nachhaltigkeit wird bei der Jobwahl immer wichtiger

Die Sinnfrage wird tatsächlich wichtiger. Gerade für die zwischen 1980 und 2000 geborene Generation. Für sie ist etwa das Thema Nachhaltigkeit ausschlaggebend bei der Jobwahl, das zeigen Studien aus aller Welt; wie zum Beispiel die Umfrage der US-Agentur Cone Communication. Demnach sind drei Viertel aller Befragten bereit, auf mehr Gehalt zu verzichten, wenn ihr Arbeitgeber sozialökologische Verantwortung übernimmt. Mehr als 80 Prozent stehen einem grünen Unternehmen loyaler gegenüber. Und fast 90 Prozent halten Arbeit für erfüllender, wenn sie dadurch Einfluss auf gesellschaftliche oder ökologische Themen nehmen.

„Der Mensch wird auch als Konsument gebraucht. Alles, was erarbeitet wird, muss auch nachgefragt werden.“ Julia Scharnhorst
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Die Automatisierung wird den Trend beschleunigen, glaubt Julia Scharnhorst. Weil sie den Menschen Zeit verschafft, sich mit diesen Themen zu befassen, indem sie ihnen stupide Arbeit abnimmt. Scharnhorst ist Psychologin und begleitet Menschen auf dem Weg in die Zukunft. Ihrer Meinung nach müsse der Mensch nicht gegen einen Bot konkurrieren, sondern lernen, mit ihm zusammenzuarbeiten. Schließlich haben die intelligenten Systeme auch viele Vorteile.

Trotz Automatisierung: BU bleibt ein wichtiges Thema

Wenn es beispielsweise darum gehe, große Datenmengen auszuwerten, etwa aus einer Excel-Tabelle, dann sei ein Rechner damit viel schneller fertig. Und die Maschine befreit den Menschen möglicherweise auch noch von lästiger Arbeit. Oder wenn Roboter  in der Produktion eingesetzt werden. Dann übernimmt die Maschine nicht nur die harte, körperliche Arbeit, sondern mitunter auch die gefährliche.

Wer jedoch glaubt, die Menschen würden dadurch seltener berufsunfähig, der irrt. Nach wie vor trifft es etwa jeden vierten Berufstätigen. Was sich aber verändert hat, sind die Ursachen: Laut Deutscher Rentenversicherung haben Ende der Neunziger mit 27,5 Prozent insbesondere physische Beschwerden wie Skelett-, Muskel- und Bindegewebsschädigungen sowie Herz- und  Kreislauferkrankungen (17,4 Prozent) zur Berufsunfähigkeit geführt. Heute hingegen sind es mit 42,8 Prozent psychische Probleme.

Zu der Erkenntnis ist auch die Gothaer gekommen. Sie hat Beschäftigte befragt, durch welche Krankheitsfolgen sie befürchten, berufsunfähig zu werden. Die Hälfte antwortete: Depressionen oder eine andere psychische Erkrankung. Aber die Gefahr wird dennoch unterschätzt. Denn auf der anderen Seite schützen sich nur etwas mehr als ein Drittel der Befragten mit einer Versicherung.

Mehr als jeder Zweite glaubt, dass KI das Leben erleichtert

Dass der Wirtschaftsfaktor Mensch gesund bleibt, ist aber besonders wichtig. Denn er wird künftig noch in einer weiteren Rolle gebraucht: als Konsument. „Alles, was erarbeitet wird, muss auch nachgefragt werden“, sagt Scharnhorst. Als Konsument ist der Mensch im Zusammenspiel mit KI wohl sogar schon weiter, als es ihm lieb ist. Ein bekanntes Beispiel: Der Internet-Browser, der sich die Webseiten merkt, die der Nutzer besucht, und an- hand dessen lernt, wofür der sich interessiert. Als Folge erhält er Werbung, die zu seinen Interessen passt. „Wir denken, wir haben noch die Wahl, dabei wurde sie schon längst für uns getroffen“, erklärt die Psychologin.

Das hat nicht nur Vorteile, sondern führt auch dazu, dass Menschen misstrauischer werden im Umgang mit digitaler Technik. So würden ein Drittel der Menschen KI als gefährlich einstufen, 30 Prozent fürchten sich sogar vor ihr. Das hat die Digital-Agentur Arithena gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Splendid Research in einer Studie herausgefunden. Gleichzeitig glaubt aber etwas mehr als die Hälfte der Befragten, dass KI ihr Leben vereinfachen wird.

Psychologin Julia Scharnhorst hat dafür eine Erklärung. „Die technische Entwicklung geht manchmal schneller als unsere psychische Fähigkeit, damit umzugehen“, sagt sie. Beim Smartphone sei das ähnlich gewesen, da hätten sich auch viele fröhlich in die Anwendung gestürzt, ehe sie gemerkt hätten, „dass diese ständige Erreichbarkeit nicht immer nur schön ist“.

Die Künstliche Intelligenz befinde sich an einem ähnlichen Punkt, meint Camille Zimmermann, der KI-Forscher. Eine These seiner Masterarbeit lautet, dass es eine gestiegene Ablehnung von autonomen Systemen geben wird. Das liege auch daran, dass der Fortschritt medial negativ dargestellt werde. „Bei KI und im Zusammenspiel mit Robotik ist immer schnell von Kontrollverlust die Rede; Maschinen übernehmen die Macht“, sagt er. Das könne zu „Roboter- Rassismus“ führen, einer Ablehnung der  Maschinen.

Das klingt abstrakt, ist aber in der Tat ein Problem für KI-Forschung, weil es das Vertrauen in die neuen Systeme nachhaltig beschädigt. Etwa beim autonomen Fahren. So könnte noch in diesem Jahr das erste selbstfahrende Auto zugelassen werden. Es kennt kei- nen Sekundenschlaf, trinkt keinen Alkohol  und reagiert vielfach schneller als der Mensch, der laut VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik an 95 Prozent der Unfälle mindestens mitschuldig ist. Und dennoch hält laut VDI nicht mal jeder zweite Deutsche selbstfahrende Autos für sicherer als konventionelle.

„Mit Künstlicher Super-Intelligenz haben wir unsere letzte Erfindung erfunden. Ab dann sind wir raus.“ Camille Zimmermann
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Um Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz geht es allerdings auch in ganz anderen Lebensbereichen – zum Beispiel in der Medizin. Zwar kann KI eine gute Hilfe sein, etwa in der Diagnostik. Das Problem: Sie wird nicht akzeptiert. Zimmermann hat dafür eine einfache Erklärung: „Bei so sensiblen Themen wollen wir nachvollziehen können, wie Ergebnisse zustande kommen – und das können wir bei KI nicht.“

Wenn also ein Roboter eine Krebsdiagnose stellt, dann kann die Diagnose richtig sein, aber der Patient versteht nicht, wie der Roboter darauf gekommen ist, während der Arzt es plausibel erklären kann. Mit anderen Worten: Die Diagnose des Arztes hat einen anderen Stellenwert als die des Roboters, obwohl das Ergebnis dasselbe ist. Unvorstellbar, dass sich ein Mensch von einem Roboter operieren lassen würde.

Die Steigerung von Künstlicher Intelligenz? Super-Intelligenz!

Bis das jedoch zum Thema wird, ist es ein weiter Weg. Während sich KI rasant weiterentwickelt, hinkt die Robotik etwas hinterher. „Ich kann heute einem Sechsjährigen sagen, er soll nach dem Spielen sein Zimmer aufräumen – und er wird es hinkriegen“, sagt Zimmermann. „Bis diese Aufgabe mit allen Abläufen ein Roboter erledigen kann, wird es noch viele Jahre dauern.“

Noch einen Schritt weiter würde die Entwicklung einer sogenannten Super-Intelligenz im KI-Bereich führen. Sie würde es zum Beispiel Robotern ermöglichen, nicht nur programmierte Arbeitsschritte auszuführen, sondern mit Hilfe von KI auch aus ihrem Handeln lernen und sich verbessern zu können. Das könne dazu führen, dass sie dem Mensch auch geistig überlegen sein werden. Ob es diese Super-Intelligenz wirklich geben wird, steht in den Sternen. „Nur“, sagt Zimmermann, „muss uns eins klar sein: Wenn das soweit ist, haben wir unsere letzte Erfindung erfunden. Ab diesem Zeitpunkt sind Menschen raus und müssen über neue Lebensmodelle nachdenken.“

Weniger Arbeit, mehr Zeit für die Familie

Denn eine Sache konnten Maschinenstürmer Ned Ludd und seine Gefolgsleute zur damaligen Zeit noch nicht wissen: Industrialisierung, Digitalisierung und wohl auch Automatisierung – technischer Fortschritt hat immer auch zu mehr Wohlstand geführt. „Wenn ich irgendwann nicht mehr arbeiten muss, weil Maschinen das für mich erledigen, und ich daher mehr Zeit mit meiner Familie verbringen kann, hätte ich nichts dagegen“, sagt Zimmermann. Die Zukunft kann kommen.

 

 

„Die wichtigste Lohnnebenleistung ist der Gesundheitsschutz“

 

GoNews: Herr Trautner, Sie sind Makler und Experte für bKV-Tarife. Warum sind diese Produkte eine Chance für Sie?
Andreas Trautner:
Es ist ein Markt mit sehr großen Wachstumsraten. Allein in den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Firmen, die eine arbeitgeberfinanzierte bKV eingeführt haben, um mehr als 30 Prozent gestiegen.

GoNews: Worin liegt dieser Anstieg begründet?
Trautner:
Die wichtigste Lohnnebenleistung ist der Gesundheitsschutz. Das zeigen Umfragen unter Arbeitgebern eindeutig. Deshalb wird der Aspekt immer wichtiger bei der Personalgewinnung, um sich als guter Arbeitgeber von Mitbewerbern abzugrenzen.

GoNews: Warum lohnt sich eine bKV für Unternehmen?
Trautner:
Zum einen wird der Arbeitgeber seiner sozialen Verantwortung gerecht und hat zudem ein gutes Tool zur Bindung von Mitarbeitern, die durch Mangel an Fachkräften immer schwieriger zu finden sein werden. Auf der anderen Seite wird der Aspekt der Ausfallzeiten wichtiger, wenn die Bevölkerung älter wird. Steuert die Firma nicht gegen, werden krankheitsbedinge Personalkosten deutlich zunehmen.

GoNews: Wie können Unternehmen dem entgegenwirken?
Trautner:
Die ,Maschine Mensch’ sollte bis ins hohe Arbeitsalter produktiv sein. Bei der bKV geht es um die Installation eines Service-, Wartungs- und Instandhaltungsvertrages für Mitarbeiter. Wie jede Maschine ist auch der Mensch vor Abnutzung und Verschleiß durch eine lange Betriebsdauer nicht geschützt. Eine gesetzliche Krankenversicherung kann das mit ihren Grund- oder Basisleistungen allein nicht leisten. Hier liefert eine gute bKV einen echten Mehrwert.

GoNews: Wie sollten Makler dieses Thema angehen?
Trautner:
Es gibt drei Vorteile. Erstens hat eine bKV überhaupt nichts Negatives. Zweitens suchen Firmen händeringend nach Mitarbeitertools. Und drittens ist mehr als 90 Prozent der Unternehmen noch gar nicht erklärt worden, was ihnen eine bKV bringen könnte. Das alles sind Aufgaben des Maklers, der dafür allerdings vom reinen Produktvergleich in eine echte Mehrwertargumentation umschwenken muss.

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